22.01.2014 , Hamburg
Die Grenzen zwischen der digitalen und der realen Welt werden immer fließender und gehen sogar ineinander über. Es zeichnen sich mehrere Megatrends ab, die bei kommenden Sport-Highlights wie den Olympischen Spielen in Sotchi und der Fußball-WM in Brasilien zum Tragen kommen werden.
Zu Beginn eines Jahres stellt sich stets die Frage nach dem, was uns erwartet – besonders dann, wenn ein Jahr voller Großereignisse wie 2014 bevorsteht. Die Zukunft ist wie immer ungewiss, aber es zeichnen sich einige Megatrends ab, die in den folgenden Jahren signifikant Einfluss auf die Sponsoringbranche nehmen werden. Diese Megatrends sollten sponsoringtreibende Unternehmen erkennen und für eigene Engagements nutzen. Wer sein Sponsorship an den aktuellen gesellschaftlichen Trends, zum Beispiel dem zunehmend digitalisierten Konsum von Sport, ausrichtet, wird seine Ziele erreichen – unabhängig davon, ob das Sponsoring im Sport, in der Kultur oder im öffentlichen Sektor angesiedelt ist.
In diesem Kontext gilt es jedoch zunächst zu verstehen, was einen Megatrend kennzeichnet: es ist seine Wirkung auf die Gesellschaft und nahezu alle Wirtschaftsbereiche. Zudem haben diese Trends eine globale Reichweite und bedingen sich teilweise gegenseitig. Der Blick auf die ökonomische Großwetterlage und die derzeitigen Strömungen zeigt, dass sich die Sponsoringbranche mit folgenden aktuellen und zukünftigen Themen auseinandersetzen muss.
Technologisierung und neue Features
Die Branche steht einer noch nie dagewesenen technologischen und inhaltlichen Komplexität gegenüber. Nahezu quartalsweise ermöglichen Technologie-Unternehmen neue Übertragungsformen und Features bei mobilen Endgeräten. Diese Technologisierung hat verschiedene Dimensionen. So gibt es zunehmend individuelle Möglichkeiten, um Sport-Events live zu rezipieren, beispielsweise über Sky Go. Moderne Technologien wie das Mobile Payment eröffnen Event-Besuchern auch neue Service-Optionen. Ebenfalls im Trend sind „Wearable Devices". NBA-Nachwuchsspieler Victor Oladipo trug Google Glass während der offiziellen NBA Draft-Lotterie und zeichnete Eindrücke seines großen Tags auf. Auch das Phänomen „Second Screen" wird bei Sportübertragungen weiter an Relevanz gewinnen.
Höhere Konnektivität via mobile Geräte
Sponsoren werden zukünftig immer mehr Möglichkeiten haben, Fans, also Kunden, über digitale Medien via mobile Endgeräte in neuen Nutzungssituationen zu kontaktieren – rund um die Uhr und Out-of-Home. Dem steigenden Bedarf an mobilem Zugang zum Internet begegnet der führende Fußballsponsor Deutsche Telekom mit der WLAN-Ausstattung von Fußballstadien. Zukünftig können Besucher der BayArena oder neuerdings auch der Allianz Arena ihren Spielbesuch multimedial und interaktiv abrunden. Dafür rollt die Deutsche Telekom in den Stadien große WLAN-Netze aus und stockt die Mobilfunkversorgung mit GSM und UMTS deutlich auf. Diese technische Infrastruktur ermöglicht Sponsoren, den Fans Dienste wie Instant-Replay oder Statistiken anzubieten. Bei geschickter Anwendung winken eine Lead-Generierung und die Überführung in zielgerichtete Verkaufsmaßnahmen.
Chancen der Digitalisierung
Die Grenzen zwischen der digitalen und der realen Welt werden immer fließender und gehen sogar ineinander über. Der Wunsch nach realen Erlebnissen, wie ein Live-Fußballspiel oder Konzert, bleibt natürlich auch in einer zunehmend digitalisierten Welt bestehen, kann jedoch über digitalen Content ergänzt und erweitert werden. Vorteile für Sponsoren sind Interaktionsmöglichkeiten und hohe Reichweiten in Echtzeit. Über soziale Medien verbreitete Bilder aus Mannschaftsbus, Spielerkabine oder privatem Umfeld zeigen die Stars aus einem anderen Blickwinkel und bieten den Fans individuelle Einblicke.
CRM & Fan Loyalty: „Emotional Rewarding"
Fans für sich zu gewinnen und zu binden, zählt zu den Königsdisziplinen der Zukunft. Hier liegt der Schlüssel zum Erfolg im „Emotional Rewarding", der bewussten Belohnung von Verhalten mit emotionalen Prämiensystemen. Erste Vereine haben bereits reagiert und bieten neuartige Loyalty-Programme an. Diese lernenden CRM-Systeme ermöglichen das intelligente Aussteuern von zielgruppenadäquaten Fanprämien und Kommunikation ohne Streuverluste.
BigData Intelligence: Decodierung des Fans
Hochrechnungen zufolge wird sich das global gespeicherte Datenvolumen bis 2020 auf 40 Zettabyte vergrößern. Dies entspräche etwa der 57-fachen Anzahl an Sandkörnern unserer Erde. Die Sponsoringindustrie muss nun lernen, wie der Rohstoff „Daten" sinnvoll verarbeitet werden kann. Damit „Big Data" zu „Big Profit" führt, bedarf es intelligenter Systeme und klarer Prozesse. Die Kunst besteht heute weniger im Bewältigen und Speichern, sondern vielmehr in der systematischen Auswertung und Interpretation der Informationen. Hohe Anwendungspotenziale solcher Analysen lassen sich in der Fanforschung identifizieren. Die Decodierung des Fanverhaltens generiert neue Erkenntnisse zur gezielten Fanansprache durch Sponsoren.
Widerspruchsfreies Storytelling
Kein Lernen ohne Geschichte! Untersuchungen zeigen, dass widersprüchliche Botschaften in einem Kontext nicht im Kopf des Konsumenten hängen bleiben. Nur wer die richtige Botschaft zum richtigen Zeitpunkt im richtigen Kontext erzählt, bleibt in Erinnerung. Dies muss widerspruchfrei und über alle Touchpoints hinweg erfolgen. Erst dann entfaltet Sponsoring seine ganze Kraft. Wer erinnert sich nicht an den Stratosphärensprung von Felix Baumgartner; perfekt inszeniert von Sponsor Red Bull.
Nachhaltigkeit vs. Green-Washing
Die soziale, ökologische, und vor allem die ökonomische Nachhaltigkeit werden substanziell Einzug in die Branche erhalten. Dank Globalisierung und Echt-Zeit-Medien können Konsumenten gelebte Nachhaltigkeit schnell und eindeutig von Green-Washing unterscheiden. Die Folge: sponsoringtreibende Unternehmen und Plattform-Inhaber werden mögliche Partner auch anhand ihrer nachhaltigen Ausrichtung festmachen.
Compliance und der Glaube an ein faires Spiel
Ob Hospitality-Guidelines oder Risiken wie Korruption und Bestechung - das Milliardengeschäft Sponsoring muss sich diesen Themen aktiv stellen. Es gilt, irreparable Schäden von der Wertewelt des Sports abzuwenden. Glauben Fans nicht mehr an den offenen Ausgang eines Spiels, ist Sponsoring ebenso in Gefahr wie der Sport an sich. Der im Dezember veröffentlichte Guide des United National Global Compact „Fighting corruption in sport sponsorship and sport-related hospitality" ist ein Beweis dafür, dass Großinstitutionen die Relevanz von Sponsoring, aber auch die damit verbundenen Gefahren erkannt haben.
Sportevents benötigen ein Public Commitment
Ohne die Zustimmung der Bevölkerung sind Mega-Sportevents nicht mehr durchführbar. Dies haben die Ausschreitungen in Brasilien im Rahmen des Confed Cups oder die aktuellen Bewerbungsbeispiele für die Winterolympiade 2022 in Graubünden und München deutlich gezeigt. Erfolgreiche Bewerbungen müssen daher die Bedürfnisse der Bevölkerung vor Ort in ihre Planung stärker einbeziehen.
Es wird auch in Zukunft Überraschungen geben, neue Player werden in den Fokus rücken und neue Heroen geboren. Sicher ist aber, dass die oben skizzierten Megatrends bei den kommenden Sport-Highlights wie den Olympischen Spielen in Sotchi und der Fußball-WM in Brasilien zum Tragen kommen. Dann haben Sponsoren die Nase vorn, die den Fans über neue Features einen echten Nutzen anbieten. Wie so oft übernimmt dabei der Sport die Funktion des Impulsgebers für andere Sponsoringbereiche.
Ihr Oliver Kaiser
(Erstveröffentlichung: New Business Nr. 1-2 - 6. Januar 2014)